Alles schön im Fluss halten

Bei der Schreinerei Stadler AG führt der Produktionsweg im Uhrzeigersinn um die Maschinen herum: Zuerst schneiden, dann Kanten leimen, dann CNC, dann bearbeiten (Bild: Beatrix Bächtold).

Ist Material zügig von der Idee bis zur Auslieferung unterwegs, so ist das Lean-Management in Reinkultur. Drei Schreiner berichten, wie sie interne Abläufe optimiert haben. Im Zentrum stehen bei allen die mitdenkenden, gut ausgebildeten Mitarbeitenden.

SchreinerZeitung - 30. Juni 2022
 

Wenn neu, dann gleich richtig

Die Schreinerei Stadler AG, gegründet 1962, präsentiert sich als gut eingerichtetes Unternehmen, das noch lange im gleichen Stil hätte weiterarbeiten können. Doch Stadler, selbst gelernter Schreiner, dachte voraus. Statt nach und nach zu renovieren und ein Flickwerk zu erhalten, entstand um die bestehende Werkstatt herum ein neues Gebäude auf 30 mal 18 Metern Grundfläche. Grösser, höher als das alte. In den Sommerferien 2018 wurden dann die Maschinen umgestellt. Alle packten mit an. Bei den grossen Geräten halfen Monteure der Hersteller. Wenn Michi Wohlgensinger davon erzählt, hört man gerne zu. Der 38-jährige Familienvater schloss bei Stadler im Jahre 2004 seine Lehre ab. Er blieb im Betrieb und ist jetzt in der Planung und Avor. 2017 absolvierte er an der Höheren Fachschule Bürgenstock die Ausbildung zum Fertigungsspezialisten. Kürzlich nahm er am Seminar «Arbeits- und Organisationsprozesse optimieren» teil. «Man muss nicht denken, dass man nach einem Seminar hingehen und sagen kann, jetzt kremple ich den ganzen Laden um. Aber wenn ich Details gewinnbringend umsetzen kann, hat sich der Kurs gelohnt», findet er. Es sei auch nicht so, dass man alles, was der Referent sage, wörtlich nehmen müsse, erklärt er. Häufig kann man aber die Inputs den Verhältnissen des eigenen Betriebs anpassen.

In einem Seminar habe er gehört, man solle möglichst nichts in Schubladen unterbringen. «Das seien Buchten, in denen alles verschwinde und Unordnung entstehe», berichtet Wohlgensinger. Aber weil es im Umbaukonzept bei der Stadler AG einen zentralen Werkzeug-Hub geben sollte, um kreuzende Wege zu eliminieren, war ein Schrank mit Schubladen trotzdem die beste Lösung. Für eine gute Übersicht stellte man für jede Schublade einen Einsatz her, worin jedes Werkzeugteil seinen passgenauen Platz hat.

Mitarbeit am Werkstatt-Layout

Bereits in der Planung der Werkstatt-Neuorganisation wirkten die Mitarbeitenden mit. «Gestandene Schreiner, die sich schon oft geärgert hatten, wenn ein Weg versperrt oder etwas nicht an seinem Platz war und man quer durch die Werkstatt laufen musste, um es dann doch nicht zu finden», sagt er. Um die Vorschläge zu visualisieren, erstellte man Grundrisspläne der Werkstatt. Für die Maschinen schnitt man massstabsgetreue Zeichnungen aus und in Zweiergruppen machte sich das Team dann Gedanken über das optimale Layout der Werkstatt. Und so schoben die Männer die «Maschinen» auf den Plänen hin und her und wägten Vor- und Nachteil ab. Schon bald setzte sich der Kreis als Idealform für den künftigen Materialfluss durch. Inhaber Norbert Stadler vertraute auf die Fähigkeiten und das Fachwissen seiner Mitarbeitenden. Er schenkte ihnen Entscheidungsfreiheit und Vertrauen. «Das erzeugte unglaubliche Motivation im Team», berichtet Michi Wohlgensinger.

Den ganzen Bericht gibt es in der SchreinerZeitung

Lean ist kein kurzfristiges Projekt

Auch die Schreinermanufaktur Röthlisberger in Schüpbach BE setzt auf Lean-Management. Der Familienbetrieb blickt auf drei Millionen Arbeitsstunden Erfahrung zurück. 155 Mitarbeitende, grösstenteils Schreiner, lassen tagtäglich Material fliessen. Und das auf engstem Raum. Im Verhältnis der Anzahl Mitarbeiter zum Umfang des Outputs ist die Schreinerei flächenmässig klein. «Sobald es irgendwo staut, wird es noch enger», sagt Christoph Schmid, gelernter Schreiner und unter anderem Verantwortlicher Lean-Management. Bei einer Betriebsbesichtigung 2019 fing alles an. «Ein Teilnehmer schaute sich unsere Abläufe an und meinte, dass wir extrem von Lean profitieren könnten», erzählt er. Doch «Lean» ist kein Projekt, das man startet und nach einer gewissen Zeit abgeschlossen ist. «Wenn man es als kurzes Projekt sieht, ist es zum Scheitern verurteilt. Vielmehr greift diese Philosophie in alle Bereiche ein. Das raubt erst mal Kräfte, sorgt für Diskussionen, der eine hält es für nötig, der andere will am Bewährten festhalten», sagt er. Deshalb sei es ganz wichtig, die Mitarbeitenden miteinzubeziehen.

«Es ist schade, dass nicht alle Betriebe den Lean-Gedanken in sich tragen. Das ist keine Frage der Betriebsgrösse, auch Kleine können profitieren. Klar, es ist knifflig, alte Abläufe aus den Köpfen zu streichen, um schlanker und damit effizienter zu werden. Wenn unsere Mitarbeitenden aber in andere Betriebe sehen, wie man fünfmal hin- und herläuft und das Teil fünfmal in die Hand nimmt, müssen sie schmunzeln», sagt Schmid. Es brauche halt einen Kick und gutes Beobachten und irgendwann könne man gar nicht mehr anders. Aber: «Man kann nicht einfach einen Schalter umlegen. Den Mitarbeitenden muss man genügend Zeit lassen, um sich an die neue Kultur zu gewöhnen. Alle Kräfte müssen sorgfältig und sinnvoll zusammenwirken.»

Den ganzen Bericht gibt es in der SchreinerZeitung

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