Der Weg zur eigenen Schreinerei

Bild: Jonas Ingold in der Werkstatt der Schreinerei Lüthi + Wyder AG

Jonas Ingold träumte schon früh von einer eigenen Schreinerei. Den Weg dazu ebnete mitunter seine Weiterbildung zum eidg. dipl. Schreinermeister an der HF Bürgenstock, die er 2021 erfolgreich abschloss. Wir haben nachgefragt, wo Jonas heute beruflich steht.

Fabian Zemp

Autor/in:
Fabian Zemp

Seit deiner Weiterbildung zum Schreinermeister sind knapp zwei Jahre vergangen. Welche Erinnerungen verbinden dich mit der HFB, wenn du an die lehrreichen Jahre auf dem Bürgenstock zurückdenkst?

Das erste, was mir spontan einfällt, ist der Zusammenhalt in der Klasse. Ich meldete mich damals gemeinsam mit einem Kollegen, den ich von der Berufsschule her kannte, für die Weiterbildung an. Die Zeit auf dem Bürgenstock hat uns mehr zusammengeschweisst – insbesondere durch das Blocksystem.

«Die Diplomausbildung zum Schreinermeister empfehle ich allen, welche die Ambition haben, in der Schreinerbranche eine Führungsposition zu übernehmen. Unabhängig davon, ob in einem grossen oder in einem kleinen Unternehmen: Das praxisorientierte Wissen, welches du erlangst, hilft längst nicht nur der Geschäftsleitung.»

Zudem blieb der Inhalt des Lehrgangs in Erinnerung. Das war schliesslich der Hauptgrund, weshalb ich die Fortbildung absolvieren wollte. Mein ursprüngliches Ziel war zwar die Weiterbildung zum Projektleiter. Während des Lehrgangs wurde für mich klar, dass ich zusätzlich die letzte Stufe bis zum Schreinermeister abschliessen möchte. Dieser Entscheid hing mit der Tatsache zusammen, dass sich mir die Perspektive eröffnete, in absehbarer Zeit einen Betrieb zu übernehmen.

Von deiner Heimat im Kanton Bern bedeutete die Fahrt auf den Bürgenstock über eine Stunde Fahrzeit. Wie bist du damit umgegangen?

Mein Kollege und ich haben uns damit vorgängig auseinandergesetzt und alternative Bildungsanbieter in unserer Region geprüft. Aber für uns wurde rasch deutlich: Wir setzen auf die HF Bürgenstock und suchen uns für die Blockwochen eine Unterkunft. Somit spielte die Anfahrt keine Rolle mehr. Mit den Unterkünften, die vom Bauernhof bis hin zur Ferienwohnung reichten, hat alles gut geklappt. Auch preislich war das Angebot absolut im Rahmen.

Rückblickend gab das Blocksystem wohl sogar den Ausschlag, uns für die HFB zu entscheiden. Ein anderes Bildungsangebot, welches wir geprüft hatten, hätte für mich freitags und samstags Schule bedeutet – und dies jede Woche. An der HFB hast du fokussiert für ein paar Wochen Schule auf dem Bürgenstock. Das fand ich immer genial.

Nach dem Abschluss als Projektleiter habe ich erneut geprüft, ob ich die Schule wechseln sollte, ich bin der HFB jedoch treu geblieben.

Über die Blockwochen pflegen die Studierenden jeweils einen engen Kontakt untereinander. Gab es Freundschaften, die blieben?

Ja, auf alle Fälle. Wir sind eine Gruppe von fünf bis sechs Personen, die regelmässig etwas miteinander unternimmt. Von dieser Gruppe kannte ich vor der Weiterbildung nur eine Person. Wir sind zwar keine ERFA-Gruppe, wie man vermuten könnte, aber auf unseren gemeinsamen Ausflügen kommen wir automatisch auf das Geschäft zu sprechen.

«An der HFB hast du fokussiert für ein paar Wochen Schule auf dem Bürgenstock. Das fand ich immer genial.»

Heute arbeitest du als Projektleiter in einer Schreinerei durchschnittlicher Grösse. Wo unterstützt dich das erlangte Wissen des Schreinermeisterlehrgangs im Berufsalltag?

Ich habe die Ambition, das Geschäft, in welchem ich tätig bin, zu übernehmen. Daher unterscheiden sich meine Tätigkeiten bereits heute von denen eines klassischen Projektleiters. Ich bin in Geschäftsleitungsthemen involviert, habe Einblick in sämtliche Bereiche des Unternehmens und verfüge über ein Mitspracherecht bei Entscheidungen. Das angeeignete Wissen kann ich quasi überall einsetzen.

Besonders profitiert habe ich sicherlich hinsichtlich des Umgangs mit Kunden und in betriebswirtschaftlichen Themen wie Kalkulation oder Finanzbuchhaltung.

Gibt es Dinge, die du rückwirkend gerne anders gehabt hättest?

Was mich während der Weiterbildung gestört hat, war der Überschuss an Informationen. Ein Beispiel: Während der Ausbildung zum Fertigungsspezialist hatten wir einen Block zum Thema C-Technologie. In einer Woche besuchten uns drei Dozenten unterschiedlicher Firmen, die genau vom selben Thema erzählt haben. Das habe ich damals nicht verstanden. Aber wenn ich heute reflektiere, wie wir Themen auf diese Art und Weise vertieft haben, so stelle ich fest, dass mir die Inhalte dadurch in Erinnerung geblieben sind.

«Während der Weiterbildung sah ich den Sinn nicht ganz, warum ich ein Thema in dieser Tiefe verstehen sollte. Rückblickend stelle ich fest, dass die Vorgehensweise sinnvoll und richtig war.»  

Klar, ich nahm auch nicht alles aus dieser Weiterbildung mit. Wir haben Dinge gelernt, die ich nicht mehr benötige. Aber du nimmst das mit, was für dich wichtig ist.

Welche beruflichen Herausforderungen treiben dich am meisten um?

Ganz klar der Termindruck: Die Kunden möchten heute bestellen und die Ware am liebsten gestern geliefert haben. Dazu kommen Lieferschwierigkeiten und die Materialteuerung. Die letztgenannten Probleme haben sich glücklicherweise wieder entschärft.

Ausserdem nehme ich einen Wandel in der Gesellschaft wahr. Die Bedürfnisse der älteren und der jungen Mitarbeitenden sind sehr unterschiedlich. Dieses Spannungsfeld ist nicht einfach. Während ältere Mitarbeitende sich nicht trauen, ein privates Telefonat während der Arbeit zu machen, setzen jüngere Generationen den Fokus viel mehr auf die Freizeit und machen während der Arbeitszeit auch mal einen Termin ab. Hier gilt es einen Konsens zu finden - am Besten indem man mit den Menschen spricht.

Hilft dir dazu deine Weiterbildung?

Ja, wir haben uns während der Weiterbildung mit solchen Themen auseinandergesetzt. Bezüglich der Mitarbeiterführung haben wir unzählige Fallbeispiele bearbeitet. Ferner haben wir in Rollenspielen vergleichbare Situationen geübt.

Als Schreinermeister stehen dir die Türen für das Führen einer eigenen Schreinerei offen. Du hast erwähnt, dass du in diesem Bereich Ambitionen hast. Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Meine Zukunftspläne sind ziemlich konkret. Während der Weiterbildung wechselte ich zurück zum Lehrbetrieb. Dies mit der Absicht, den Betrieb einmal zu übernehmen. Die Übernahme ist für das Jahr 2024 vorgesehen. Obschon die Formalitäten und Details noch nicht geklärt sind - die Übernahme ist auf gutem Wege.

Inwiefern hast du dich mit dem Thema Nachfolge auseinandergesetzt?

In der Diplomausbildung zum Schreinermeister war das Thema enthalten. In diesem Zusammenhang habe ich bewusst die Kontakte zu den entsprechenden Dozenten genutzt.
Zudem haben wir uns im Betrieb dazu entschieden, dass ein Spezialist den Nachfolgeprozess begleitet.  

Freust du dich auf die bevorstehende Übernahme?

Ja, sehr. Es wird etwas total Neues sein! Der ganze Prozess hin zu diesem Schritt, den ich seit drei Jahren mache, ist quasi wie eine neue Lehre.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Unser Kursangebot zum Thema

Fertigungsspezialist ab EFZ

mehr

Produktionsleiter Schreinerei ab EFZ

mehr

Projektleiter Schreinerei ab EFZ

mehr

Schreinermeister ab EFZ

mehr
Telefonanruf starten
WhatsApp-Konversation oder Anruf starten
Kontaktformular öffnen