Lehrlingsausbilderin mit Herzblut

Während dem Berufsbildner-Kurs an der HF Bürgenstock herrscht eine positive Stimmung (Bild: HFB).

Linda Matzinger ist Schreinerin EFZ, Fachrichtung Möbel/Innenausbau. Ihre Lehre hat sie bei Strasserthun absolviert und im Sommer 2020 mit einem Glanzresultat (Note 5.4) abgeschlossen. Knapp drei Jahre später übernimmt sie in ihrem ehemaligen Lehrbetrieb die Funktion als Berufsbildnerin. Als Vorbereitung für die neue Aufgabe hat sie den viertägigen Kurs «Berufsbildner/in» an der HF Bürgenstock absolviert. Wir haben uns mit Linda über ihre neue Funktion unterhalten.

Monika Albertalli

Autor/in:
Monika Albertalli

Seit März 2023 bist zu 100% für die Betreuung der Lernenden zuständig. Wie viele Lernende und in welchen Bereichen bildet Strasserthun aus?
Strasserthun bildet acht Schreinerlernende aus, drei davon sind Frauen. Der Schwerpunkt liegt momentan bei der vierjährigen Berufslehre.
Bei dieser Anzahl Lehrlinge braucht es eine Vollzeitstelle, um die Lernenden bestmöglich zu betreuen. Ich freue mich auf diese verantwortungsvolle und schöne Aufgabe.

Du hast den viertägigen Kurs «Berufsbildner/in VSSM» besucht. Was hat dich motiviert, diese Weiterbildung zu besuchen?
Als Berufsbildnerin bei Strasserthun bin ich verpflichtet, den Berufsbildner-Kurs zu besuchen.
Für mich ist jedoch in erster Linie wichtig, dass ich für meine neue Funktion gut vorbereitet bin. Ich möchte den Lernenden eine coole Ausbildungszeit bieten. Kenntnisse über Ablauf, Inhalte sowie Richtlinien der Grundausbildung sind daher ein Muss.

Was hat dich im Seminar «Berufsbildner/in» am meisten überrascht?
Dass ich die einzige Frau im Kurs war (schmunzelt). Da der Kurs an alle Betriebe der Deutschschweiz gerichtet ist, habe ich gehofft, dass auch andere Frauen dabei sind. In der Berufsschule waren wir sieben Frauen.

Nicht überrascht aber erstaunt hat mich der Bildungsplan1. Vor dem Kurs war mir nicht bewusst, wie detailliert die zu erwerbenden Kompetenzen definiert und beschrieben sind. Der Bildungsplan ist ein wertvolles Instrument.

Welche Erkenntnisse möchtest du konkret in deinem Betrieb einfliessen lassen?
Mir ist der Umgang mit den Lernenden mega wichtig: Zuhören, auf jede einzelne Person eingehen und Interesse zeigen. Ich möchte das Team sensibilisieren, den Nachwuchs zu fördern und zwar individuell innerhalb der eigenen Fähigkeiten. Die jungen Menschen sind unsere Zukunft und wir müssen Zeit in deren Entwicklung investieren.

Welche Herausforderungen warten auf Ausbildungsverantwortliche in den nächsten 5 Jahren?
Gegenüber früher sind die Lernenden selbstbewusster, wenn sie mit der Ausbildung starten. Sie wissen was sie wollen und sie kennen ihre Rechte.

Wichtig ist es, mit der Zeit zu gehen und somit als Ausbildungsbetrieb attraktiv zu bleiben und Einblick in möglichst viele Bereichen zu ermöglichen. Ich lege Wert darauf, sie dort zu fördern wo sie ihre Stärken haben und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Wie profitierst du als Ausbildungsverantwortliche von den Lernenden?
Ich glaube, ich lerne am Meisten von den Feedbacks der Lernenden. Sie sind knallhart ehrlich. Aus diesen Rückmeldungen kann ich mich persönlich weiterentwickeln.

Welche Unterschiede stellst du in der Begleitung / Betreuung von jungen Frauen gegenüber jungen Männern fest?
Frauen sind motivierter. Wenn eine junge Frau sich für diesen Beruf entscheidet, dann möchte sie wirklich Schreinerin werden. Frauen sind in der Branche weiterhin in der Unterzahl. Du überlegst es dir dreimal, ob du wirklich diesen Beruf erlernen möchtet. Es braucht Mut und einen starken Charakter, diesen Weg zu gehen.

Wie erfolgt die Rekrutierung bei Strasserthun?
Unser Betrieb ist in Thun und der Umgebung bekannt, auch für die Ausbildung von Schreinerinnen. Viel läuft über Mund zu Mund Propaganda. Bei 70 Angestellten funktioniert das gut. Die Webseite wurde attraktiver gestaltet. Strassenthun ist zudem auch auf Insta aktiv.

Nach dem Seminar steht nun die Vertiefungsarbeit2 als Qualifikationsverfahren an.
Dafür musst du mit einem Aufwand von rund 70 Stunden rechnen. Welchen Nutzen erhoffst du dir aus dieser Arbeit?

Ich habe mit der Vertiefungsarbeit begonnen und bin bereits weit fortgeschritten. Da wir im Betrieb die Ausbildung neu organisieren, ist diese praktische Umsetzung ein super Hilfsmittel für die Umstellung. Die Lernenden im ersten Lehrjahr werden ab August 2023 die Lehre nach dem überarbeiteten Ausbildungsplan absolvieren.

An der Betriebsinfo informieren wir die Belegschaft über Neuerungen und Änderungen. Zudem suche ich mit den einzelnen Abteilungen wie Maschinenbereich und Bankraum usw. das Gespräch. Ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen sensibilisieren und motivieren, mich bei der Ausbildung der Lernenden zu unterstützen.

Abschliessend möchte ich erwähnen, dass es für mich mega wichtig ist, dass wir Herzblut in die Ausbildung der jungen Berufsleute stecken. Sie sollen am Schreinerberuf Freude haben. Zudem dürfen wir nicht vergessen, dass Lernende während der Ausbildung eine Entwicklungsphase durchleben. Unsere Aufgabe ist es einerseits sie fachlich auszubilden, andererseits sie auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten. Nach der Ausbildung entlassen wir sie in die Arbeitswelt. Während der Lehre können wir entscheidend dazu beitragen, wie sie sich auch charakterlich entwickeln.

Liebe Linda, wir danken dir für das Gespräch und wünschen dir viel Freude und Erfolg als Lehrlingsausbilderin.


Ergänzungen
1 Der Bildungsplan ist der Verordnung untergeordnet und beschreibt die von den Lernenden bis zum Abschluss der Ausbildung zu erwerbenden Kompetenzen. Weiter beschreibt er die Grundlagen zum Unterricht in der Berufsfachschule, den überbetrieblichen Kursen und zum Qualifikationsverfahren.

Der Bildungsplan unterstützt die Berufsbildungsverantwortlichen in den Lehrbetrieben, in den Berufsfachschulen und in den überbetrieblichen Kursen bei der Planung und der Durchführung der Ausbildung. Für die Lernenden stellt er eine Orientierungshilfe während der Ausbildung dar.

2 Die Vertiefungsarbeit als Qualifikationsverfahren dient der praktischen Umsetzung. Diese findet ausserhalb der Präsenzzeit in Form einer klar vorgegebenen Vertiefungsarbeit statt. Einige Aufgaben müssen mit Lernenden durchgeführt werden. Zur Bewertung der Vertiefungsarbeit wird nur zugelassen, wer über ein eidg. Fähigkeitszeugnis «Schreiner/in» verfügt.

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